Die stille Orchesterleitung wurde 1810 durch Ludwig Spohr in Europa gebräuchlich. Jedoch zu Beginn nicht mit einem Taktstock, sondern mit einer schlichten Papierrolle.

Das Taktieren mittels Stab war damals nicht völlig unbekannt, sondern wurde fallweise in Kirchen angewendet. Auch Wolfgang Amadeus Mozart dirigierte bereits 1768 zur Einweihung einer Wiener Waisenhauskirche mit Taktstock. Jedoch war er, was seinen Taktierstil anging, sehr flexibel: im Regelfall gab er den Takt mit einem Tasteninstrument vor, die Zauberflöte jedoch dirigierte er „von Hand“ am Kapellmeisterpult.

Zwar hielt sich die Doppeldirektion – meist Tasteninstrument/Primgeiger – noch bis ca. 1870, der Siegeszug des „Taktierstäbchens“ ließ sich jedoch nicht aufhalten. Im Gegensatz zu den hier ausgestellten Dirigentenstäben, war deren Ausgestaltung früher teilweise wesentlich spektakulärer: So bediente sich Louis Antoine Jullien (1812-1860) eines 46 cm langen, juwelenbesetzten Stabes aus Ahornholz mit ziselierten Goldreifen, der zusätzlich von zwei diamantbesetzten goldenen Schlangen umwunden war. Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) dagegen dirigierte ungleich bescheidener: der aus Fischbein gefertigte und mit weißem Leder überzogene Taktstock war vermutlich trotzdem um einiges spektakulärer als die heutigen Dirigierhilfen. Er war übrigens der erste Dirigent, der seine Proben auswendig leitete – Hans von Bülow schwärmte gar von einer „magnetischen Eloquenz seiner Zeichensprache“.

Mindestens genauso spektakulär war das von der k.k. Hof-Kammersängerin Marie van Hasselt-Barth organiserte und ausschließlich von Frauen gespielte Konzert, am 6. April 1845 im großen Redouten Saal, das sie – passend zum auf rosarotem Papier gedruckten Programm – mit einem silbernen Taktstock leitete.

Wussten sie schon, dass …

Jean-Baptiste Lully (1632-1687), der Leiter der königlichen Kapelle am Hof Ludwig des XIV, sich nicht mit der sitzenden Pose des Dirigenten abfinden wollte? So stellte er sich vor dem Orchester auf und pflegte mit einem langen Holzstab den Takt auf den Boden zu schlagen. Einmal jedoch zu vehement und versehentlich auch auf den Fuß. An dem darauffolgenden Wundbrand ist er gestorben – er hat sich wohl zu Tode dirigiert.